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    Mein ganz subjektives Lexikon der Kunst.
    Wird fortgesetzt.


    Gründerzeit


    Als Gründerzeit wird im weiteren Sinne eine Phase der Wirtschaftsgeschichte im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn des 19. Jahrhunderts bezeichnet, die mit der breiten Industrialisierung einsetzte und bis zum „Gründerkrach“ (großer Börsenkrach von 1873) andauerte.

     Ohne Titel I

    Mit dem Bau der Eisenbahnlinie von Nürnberg nach Fürth
    war der Startschuss für die umfassende Industrialisierung
    in Deutscheland gegeben.
    Spottbild auf die Eisenbahn | etwa 1835
    Wolfgang Behringer | Thurn und Taxis | Piper| München | 1990 | nach S. 336
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    Im engeren Sinn werden dabei als Gründerjahre die ersten zwei Jahre nach der Gründung des deutschen Kaiserreichs (1871–1873) bezeichnet, als Deutschland nicht zuletzt durch die französischen Reparationszahlungen eine Hochkonjunktur-Phase erlebte. Die auf den Börsenkrach folgende Gründerkrise bedeutete eine rund zwanzig Jahre andauernde Phase wirtschaftlicher Stagnation. Das Wort „Gründer“ hatte in dieser Zeit jedoch einen eher negativen Klang, weil von den zahlreichen neu gegründeten Aktiengesellschaften nicht wenige rein spekulativen Charakter hatten und in der Krise schnell in Konkurs gerieten. Zeitgenössisch bezog sich der Ausdruck Gründerzeit nur auf die Phase des Wirtschaftsaufschwungs.

     Ohne Titel I

    Anton von Werner 1853-1915 | Die Proklamierung
    des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871)
    Bismarck-Museum Friedrichsruh
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    Davon abweichend wird der Begriff Gründerzeit im kulturgeschichtlichen und vor allem im architekturgeschichtlichen Verständnis (wo er üblicherweise als Synonym für Historismus gebraucht wird) meist für die gesamte Phase nach 1870 und oft bis 1914 verwendet, so dass dabei die lange wirtschaftliche Krisenzeit ausgeblendet wird.

    EINORDNUNG

    Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
    Die Gründerzeit fällt in jene Epoche, in der das Bürgertum in Mitteleuropa die kulturelle Führung übernahm. Sie gilt daher auch als Hochzeit des klassischen Liberalismus, wenn auch dessen politische Forderungen nur teilweise und eher am Ende dieses Zeitraums umgesetzt wurden. Bezogen auf die deutsche Geschichte bezeichnet der Historiker Christian Jansen daher die Zeit zwischen der Revolution 1848/49 und der Reichsgründung 1866/1871 als Gründerzeit. Der Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew beschreibt den Wirtschaftsaufschwung dieser Periode in Mitteleuropa als die aufsteigende Phase des zweiten Kondratjew-Zyklus.

    Red Webbing | 2019 | Sculptural drawing installation ><br /> Ballpoint pen and acrylic paint on rag paper and butcher paper

    Karl Biermann | Borsigs Maschinenbau-Anstalt zu Berlin | 1847
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    Kunst- und Kulturgeschichte
    Die Industrialisierung stellte auch ästhetisch neue Aufgaben, vor allem in der Architektur und im Kunsthandwerk. Gleichzeitig reagierten die Menschen auf die schnellen und großen Veränderungen im Lebensalltag mit einer Hinwendung zu Tradition und Geschichte. Dies drückte sich in einer eklektizistischen Weiterentwicklung vorhandener Formen aus. Daher ist mit „Gründerzeitstil“ der Historismus gemeint. Da der Historismus aber bis nach 1900 der vorherrschende Stil blieb, ergibt sich die stark abweichende Verwendung des Begriffs, insbesondere im umgangssprachlichen Gebrauch. In stilgeschichtlichen Zusammenhängen werden sehr unterschiedliche Zeiträume damit bezeichnet, so etwa 1850–1873, 1871–1890, manchmal sogar 1850–1914.

     Ohne Titel I

    Paul Friedrich Meyerheim | Lokomotivbau
    Bilderzyklus Lebensgeschichte einer Lokomotive | 1873–1876
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     Ohne Titel I

    Adolph von Menzel | Das Eisenwalzwerk | 1872–1875
    Alte Nationalgalerie | Berlin  pfeil


     Ohne Titel I

    Adolph von Menzel 1815 - 1905 | Das Ballsouper | 1878 |
    Alte Nationalgalerie | Berlin
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    GRÜNDERKRISE

    Der Schwarze Freitag an der Wiener Börse, 9. Mai 1873, Holzschnitt (1873) Der Aufschwung fand 1873 im großen Wiener Börsenkrach, dem sogenannten Gründerkrach, ein jähes Ende und ging in die etwa zwanzigjährige wirtschaftliche Stagnationsphase über, die als Gründerkrise bekannt ist.

    In dieser nachfolgenden Krise verlor die Theorie des Wirtschaftsliberalismus an Boden und es wurden auch in der Praxis Kontrollmechanismen geschaffen und Schutzzölle eingeführt. Die in dieser Krisenperiode entstehenden kleinbürgerlichen und proletarischen Massenbewegungen waren erklärte Gegner des Wirtschaftsliberalismus.

     Ohne Titel I

    Der Schwarze Freitag an der Wiener Börse | 9. Mai 1873 | Holzschnitt (1873)
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    Die verheerendste Folge des großen Krachs war psychologisch. Das Versprechen von Reichtum und Aufstieg für alle schien vorerst gescheitert, in Kreisen kleiner Handwerker und Geschäftsleute stand nunmehr die Angst vor dem sozialen Abstieg durch die industrielle Konkurrenz im Vordergrund, außerdem war durch den Krach auch viel erspartes Kapital verloren gegangen. In diesen kleinbürgerlichen Kreisen verbreiteten sich rasch allerlei Verschwörungstheorien – insbesondere der Antisemitismus gewann massiv an Boden und wurde in den 1880er-Jahren zu einer breiten politischen Strömung.



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