aukio-Logo
heidiselbst


      Mein ganz subjektives Lexikon der Kunst.

      Wird fortgesetzt

      Historismus


      Der Ausdruck Historismus bezeichnet in der Kunstgeschichte ein im späteren 19. und frühen 20. Jahrhundert verbreitetes Phänomen, bei dem Architekten und Künstler vorzugsweise auf Stilrichtungen vergangener Jahrhunderte zurückgriffen.

      Stilistische Unterarten sind beispielsweise die Neoromanik, Neogotik, Neorenaissance, der Neobyzantinismus und der Neobarock. Um 1900 übte der aufkommende Jugendstil mitunter erkennbaren Einfluss auf den Historismus aus. Zur selben Zeit formierte sich die gemäßigte Reformarchitektur, eine Gegenbewegung, die später in die klassische Moderne mündete.

      Anselm Feuerbach 1829 - 1880 | Ruhende Nymphe | 1870 |
      Adolph von Menzel | 1815 - 1905 | König Friedrich II. (Mitte) in Sanssouci im Kreise Voltaires, Casanovas u. a.
        pfeil

      Anselm Feuerbach 1829 - 1880 | Ruhende Nymphe | 1870 |
      Anselm Feuerbach 1829 - 1880 | Ruhende Nymphe | 1870
      Feuerbach knüpft mit der Komposition an den Typus
      der Schlafenden Venus von Giorgione an eine Verkörperung der in sich ruhenden Natur
        pfeil

      Die prägendste Zeit für den Historismus erstreckte sich von circa 1850 bis vor dem Ersten Weltkrieg. Auch in späteren Jahrzehnten wirkten historistische Motive nach. Beispiele hierfür sind der Neoklassizismus, sozialistische Klassizismus oder die Heimatschutzarchitektur.

       Ohne Titel I

      Thomas Cole 1819 -1848 | Der Traum des Architekten | 1840 | historistische Vision mit ägyptischer, griechischer, römischer und gotischer Phantasiearchitektur
        pfeil

      STILPLURALISMUS

      Im Gegensatz zu vorhergehenden kunsthistorischen Epochen ist für den Historismus ein gleichzeitiger Stilpluralismus charakteristisch, der sich aber schon im Nebeneinander von Klassizismus und Romantik um die Wende zum 19. Jahrhundert ankündigt.

      Anders als im Klassizismus wurde nicht nur versucht, die Architektur der klassischen Antike (wie sie in Griechenland und Rom gefunden wurde) wiederzubeleben beziehungsweise zu kopieren, sondern es wurden Architekturformen auch anderer Epochen imitiert, die nunmehr als gleichwertig betrachtet wurden. Die Renaissance hatte zwar ebenfalls vorwiegend auf die Antike zurückgegriffen, jedoch kannte sie auch gelegentlich zielgerichtete Rückgriffe auf das Hochmittelalter, so bei den architektonischen Zierformen der Festen Häuser und Ansitze.

      Einen großen Einfluss übte dabei die Romantik aus, die einen Sinn für das historisch Bedingte entwickeln half. Gelegentlich wurden auch mehrere Stile in einem Gebäude gemischt; diese Kombinationen nennt man Eklektizismus. Andere Bauwerke zitieren historische Motive, lassen sich aber keinem konkreten Stil zuordnen.

       Ohne Titel I

      Hendrik Leys 1815 - 1869 | Albrecht Dürer in Antwerpen | 1520 | Königliches Museum der schönen Künste | Antwerpen  pfeil


      IMPULSE AUS GROSSBRITANNIEN

      Erste Bauwerke in einem nicht-klassizistischen Stil wurden schon Ende des 18. Jahrhunderts in Großbritannien errichtet. Ein frühes Beispiel ist die Villa Strawberry Hill, die Horace Walpole von 1749 bis 1776 im neugotischen Stil erbauen ließ. Als frühes Meisterwerk der Neugotik gilt das Parlamentsgebäude in London aus dem Jahr 1835. Sehr bald wurden auch schon nicht-europäische Baustile kopiert: der Royal Pavilion (1815–1822) in Brighton ist ein frühes Beispiel von Architektur nach indischen und chinesischen Vorbildern.

      ZEITRAUM

      Da der Historismus in Mitteleuropa ab den 1850er Jahren größere Verbreitung erfuhr und es eine seiner ursprünglichen Funktionen war, die Repräsentationsbedürfnisse des in der Gründerzeit reich gewordenen Bürgertums zu befriedigen, wird er umgangssprachlich manchmal auch als Gründerzeitstil beziehungsweise Gründerzeitarchitektur bezeichnet.

      Das Ende des Historismus beginnt mit dem Jugendstil um 1895, der zwar noch Ornamente verwendet, allerdings ohne jeglichen historischen Bezug. Gleiches gilt für den Expressionismus, der in der Architektur knapp nach dem Ersten Weltkrieg einsetzt. Beginnend mit der Reformarchitektur nach 1900 und verstärkt ab 1910 verbreiten sich dann zusehends weniger aufwändige, schließlich ornamentlose bzw. „funktionalistische“ oder „konstruktivistische“ Baustile, die in den 1920er Jahren dann hegemonial werden (s. Neues Bauen oder Neue Sachlichkeit). Dies entspricht einer wachsenden Neigung stilbildender Schichten, sich nun weniger aus Bezügen auf die eigene Geschichte zu legitimieren, sondern immer mehr durch Identifikation mit moderner Technik. Zu dieser Zeit kommt der Historismus in den Verliererstaaten zu einem abrupten Ende. In den Siegerstaaten, vor allem in den USA, oder in den am Krieg nicht beteiligten Ländern, etwa Spanien, lässt sich neben dem Neuen Bauen noch eine Nachblüte des Historismus bis in die 1950er Jahre feststellen.

       Burg Hohenzollern

      Friedrich August Stüler 1800 - 1865 (Schinkel-Schüler) | Burg Hohenzollern | Schwäbische Alb | Wiederaufbau | 1850 - 1867
        pfeil

      WikipediaDieser Text basiert auf Artikeln aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung).  0
      In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.   0